2019, Lecture Performance, 20 min, schwere reiter münchen
eine Performance von Julia Novacek
Cast & Credit
mit Milena Potpara
Management und Dolmetsch: Nataša Mikić
Übersetzungen: Dalibor Mikić
Danke an: Predrag Trokicić
supported by reandevouz3000, Kulturreferat München, Familie Meiller
Dosta (genug) ist eine narrative lecture performance, in der von einer Begegnung mit Milena Potpara, einer entschiedenen und humorvollen Klagefrau erzählt wird.
Text: Das Trauerklagen ist eine uralte mündliche Praxis, die Singen und Weinen miteinander verbindet. Die Begegnung mit Milena Potpara ist der narrative Faden der lecture performance: Sie gibt Einblicke in die Praxis des Klagens und ihren Erfahrungen, für Andere das Trauern zu übernehmen und zu veräußerlichen.
Für die Übergänge Geburt und Tod waren überall auf der Welt Frauen zuständig. Aufgabe der Klagefrauen war es, der Trauer der Anderen öffentlich und physisch Ausdruck zu verleihen.¹Während sie klagt, hält sie die rechte Hand ans Herz und die linke an den Kopf. Sie wiegt ihren Körper behutsam hin und her.
Manche Frauen drückten in der Trauerklage Wut, Erfahrungen von Gewalt und Missbrauch, Kritik an den Angehörigen, sowie Autoritäten und am Patriarchat aus und verlautbarten dies öffentlich; zum Schutz manchmal verschlüsselt.²
Jede hatte ihr eigenes Klagelied. Um den Sarg herum stehend, hielten sich die Frauen an den Händen.
Innerhalb der Narration wird auch über die Orte und Rituale des Trauerns gesprochen. Das Publikum begegnet so auch Schilderungen von Staša Zajović, einer der Mitbegründer*innen der pazifistisch-feministischen Bewegung „Frauen in Schwarz“ in Belgrad. Die „Frauen in Schwarz“ agieren seit den frühen 90ern mit Symbolen von Trauerritualen um öffentlich gegen die Jugoslawienkriege, Gewalt und das Patriarchat zu protestieren. Ihre Klage ist still.Die Mitglieder der feministisch-pazifistischen Bewegung „Frauen in Schwarz“ in Belgrad agieren seit den frühen 90er Jahren mit Symboliken von Beerdigungsritualen um gegen Krieg, Militarismus und Gewalt zu demonstrieren. Ihre Klage ist still. Der Horror des Krieges kann nicht verbalisiert werden.³
Sie stehen schwarz gekleidet auf öffentlichen Plätzen. Sie werden zu Monumenten. Sie werden zu Denkmälern. Klagen ist feministische Praxis.
1 Ulrike Reimann, Trauern in Gemeinschaft, Synergia Verlag, 2016.
2 Gail Holst-Warhaft, The Cure for Passion: Grief And Its Political Uses, Harvard University Press, 2000.
3 Goran Lasin, Interview, Aktivist bei „Frauen in Schwaz“, Belgrad, 2019.
Credits Stills: Julia Novacek, 2019
Credits Fotos: Bo Vloor, 2019